Reizung nach gegnerischer Sperre

Folgende Hand kam in einem Pokalausscheid vor:

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Folgende Möglichkeiten gibt es theoretisch::

  1.  Passen – Das kann sicherlich ab und an erfolgreich sein. Allerdings spielt man Team und eine eigene Partie ist ja nicht ausgeschlossen. Mit einer so schönen Hand zu passen, ist auf Dauer selbst im Paarturnier nicht erfolgreich.
  2. 3 – Im Normalfall zeigt dies eine sehr stichintensive Hand, in der ein -Stopper fehlt. Üblicherweise hat man dafür eine lange stehende Unterfarbe. Irgendwie beschreibt das die aktuelle Hand nicht so richtig. Das Problem ist vor allem, dass Partner leicht eine falsche Entscheidung treffen kann, wenn er keinen -Stopper hat.
  3. 2N – Das trifft es von der Punktstärke sehr gut. Aber eigentlich verspricht man ja einen -Stopper.
  4. Kontra – Irgendwie hätte man dafür gerne ein 4er Pik.

Auf den ersten Blick wirkt also jede Alternative falsch.

Auf die Varianten 3 und 4 möchte ich im Folgenden näher eingehen.

  • 2 SA: Q4 wirkt auf dem ersten Blick nicht wie ein Stopper. Allerdings ist der Eröffner am Ausspiel. Selbst wenn er Ass-König in Coeur hat, wird er mit max. 9 Punkten sicherlich keinen sicheren Einstich haben. Insofern wird ein guter Spieler mit AKxxxx sicher ein kleines ausspielen. Daraus folgt, dass Q4 gegen eine Sperreröffnung bei einem guten Spieler oft ein Stopper ist. Da wir im Club natürlich nur gute Spieler haben, können Sie Q4 ruhig als Stopper ansehen.
    Dazu kommt: Wenn Partner einen Stopper haben sollte (egal ob Ax(x) oder Kxx), dann hat man 2Stopper, wenn man selber NT spielt. Das Ausspiel stoppt man mit der Dame und anschließend hat Partner immer noch einen Stopper. Dagegen hat man nur einen Stopper, wenn Partner NT spielt, weil das Ausspiel dann zum 2-Reizer hinläuft.
    Was ändert sich, wenn man hinter dem 2 Reizer sitzt und die Reizung so geht 2 – ?
    Jetzt ist der Stopper mit Q4 viel schlechter. Da der Partner des 2 Reizers ausspielt, kann der Eröffner anhand des Ausspiels und des Dummys meist erkennen, dass man ein Double Coeur hat und kann viel erfolgreicher entscheiden, ob er ein hohes oder ein kleines Coeur spielen soll. Sollte Partner auch einen Coeur-Stopper besitzen, ist es auch viel besser, wenn er einen NT Kontrakt spielt, da man in dem Fall meist 2Stopper besitzt.  Insofern sollte man mit obiger Hand 2NT bieten, wenn die Reizung 2-p-p-? geht und lieber nicht, wenn man direkt hinter dem 2-Reizer sitzt.
  • Kontra: Mit dem Kontra zwingt man Partner ja dazu, was zu reizen, außer er hat ein Strafkontra in . Die erste Schwierigkeit ist die, dass man bei Partners Gebot gerne wissen möchte, ob er stark oder schwach ist. Angenommen, Partner reizt 3♣, dann möchte man ja weiterreizen, wenn er mind. 8 Punkte hat und passen, wenn er weniger hat. Nur wie bekommt man das raus?

Eine Möglichkeit ist natürlich, dass der Partner durch eine entsprechende Mimik seine Punktstärke rüberbringt. Das wird zwar ab und an gemacht, ist aber nicht erlaubt und führt nur dazu, dass einem der böse Turnierleiter zurecht einen evtl. guten Score wegnimmt.

Deshalb hat es sich bei vielen Spielern eingebürgert, nach einer 2er Sperre des Gegners eine Konvention namens Lebensohl zu spielen. Diese kann man auch in anderen Situationen spielen und hat den Vorteil, dass man damit in einem gewissen Maße die eigene Punktstärke vermitteln kann und bei starken Händen auch, ob man einen Stopper in Gegners Farbe hat oder nicht.  Ein weiterer Vorteil von Lebensohl in dieser Sequenz ist, dass Partner einem mit starken Händen fragen kann, ob man wirklich einen 4er Pik hat. Das bedeutet, dass Partner niemals mit einem 4er Pik nach 4♠ springen wird. Hat er allerdings nur eine einladende oder schwache Hand, so kann es natürlich passieren, dass man nach Kontra jetzt in einem 4-3 Fit spielt.
Schlussfolgerung: Bei der aktuellen Reizung ist am Sinnvollsten, wenn man 2NT reizt, auch wenn der Stopper nur semisolide ist. Das kann sicherlich mal schief gehen: Der Eröffner könnt doch von AKBxxx das Ass ausspielen oder der Partner des Eröffners hat den König oder das Ass. Auf Dauer wird sich das 2NT-Gebot aber sicher auszahlen.
Wäre man allerdings direkt hinter dem 2 Eröffner dran, sollte man lieber Kontra reizen, insbesondere wenn man Lebensohl spielt.

Schauen wir uns das ganze Board an (Sie können das Board auch nachspielen, indem Sie auf Play klicken): Wie Sie sehen, ist das einzig erfüllbare Vollspiel 3 SA. An keinem der beiden Tische wurde 3 SA der Endkontrakt.

  • Zum einen hat Ost nicht 2 SA geboten sondern Kontra. Nach einem Kontra ist es verständlich, dass West lieber 5♣ anstrebt, wo man 2– und einen -Stich abgibt.
  • Zum anderen müsste West auf ein 2SA Gebot auch 3SA bieten und nicht 5♣. Da West aber ein 3er inkl. eines Halbstoppers mitbringt, ist es aber nicht verwunderlich, dass 3 SA besser ist als 5♣.