Was erlauben Double Dummy Analyse?
(frei nach Giovanni Trapattoni (ital. Lyriker & Sportphilosoph))
Ende des letzten Jahrtausends wurde in Hamburg der Quatsch Comedy Club gegründet, der maßgeblich zum Boom von Stand-Up-Comedy in Deutschland beigetragen hat. Teil der dortigen Shows war immer das Fundstück der Woche. Auf ein solches bin ich beim Stöbern im Internet gestoßen. Im Gegensatz zum herkömmlichen Fundstück der Woche ist dieses aber nicht witzig. Dafür beschäftigt es sich mit Bridge. Damit ist es per se schon mal spannend und interessant. Für diese Hand gilt das aber ganz besonders:
Egal, ob Sie in dieser Situation Stayman, Puppet Stayman oder eine ganz andere Konvention spielen: Sofern Nors einigermaßen optimistisch ist, sollte die Reizung in einem knappen 3SA Kontrakt enden. Die Alternative wäre, dass Nord die 2NT Eröffnung wegpasst. Beides kann im Paarturnier richtig oder falsch sein. Das Abspiel erscheint auch erstmal ganz normal. Im zweiten Stich hat Ost das ♣ Ass korrekterweise erstmal verduckt und zwar aus zwei Gründen:
- Bei einem so punktschwachen Dummy ist es fast immer eine gute Strategie zu verhindern, dass der Alleinspieler den Dummy erreicht. Insofern sollten die Gegenspieler lieber Figuren vom Dummy decken als vom Alleinspieler.
- In dieser Situation sollten Ost-West in ♣ ihre Länge markieren. Indem West in der ersten ♣ Runde eine hohe Karte (die ♣7) und in der zweiten Runde eine tiefe Karte (die ♣2) legt, zeigt West zu mindestens im süddeutschen Raum, eine ungerade Anzahl an Karten in ♣ zu haben. Daraus kann Ost ausrechnen, dass Süd nur 2♣ Karten hat. Wenn Ost also die erste ♣ Runde klein bleibt, kann Ost verhindern, dass der Dummy einen ♣ Stich macht. Denn ob der Alleinspieler den Dummy erreichen kann, um den hohen ♣ Buben zu spielen, ist doch sehr unklar.
Anmerkung: Im norddeutschen Raum (und auch im Standard Forum D) markiert man eine ungerade Kartenanzahl genau umgekehrt. Dort müsste West erst eine niedrige und dann eine hohe Karte spielen, um eine ungerade Kartenanzahl zu zeigen. Ob man eine ungerade Kartenanzahl zeigt, indem man erst eine hohe Karte legt und dann eine tiefe oder umgekehrt, ist an sich relativ egal. Das wichtigste wie bei jeder Absprache ist, dass Sie das gleiche spielen wie Ihr Partner.
Richtig spannend wird es zum vierten Stich. Diesen können Sie sich in dem Diagramm anschauen, indem Sie immer wieder auf Next klicken. Wenn Sie GIB klicken, nachdem Süd den ♠ König gespielt hat, zeigt Ihnen die Double Dummy Analyse das folgende Bild:
- Wenn West die ♠10 oder die ♠2 legt, erfüllt der Alleinspieler laut Double Dummy Analyse. Das können Sie an dem grün unterlegtem = erkennen
- Nur wenn West die ♠7 legt, kann der Kontrakt zu Fall gebracht werden. Das können Sie im Diagramm an der rot unterlegten 1 erkennen.
Das erstaunt doch zunächst einmal. Dass die ♠10 vielleicht nicht so clever ist, kann man ja noch einsehen, da dann ja die ♠9 am Dummy hoch wird. Aber warum macht es einen Unterschied, ob West die ♠2 oder die 7 legt? Schließlich wird doch Süd vermutlich als nächstes die ♠Dame spielen und da sollte es doch egal sein, ob West erst die 2 und dann die 7 legt oder umgekehrt.
Bisher haben wir in der Hand des Monats immer Allein- und Gegenspiel Probleme veröffentlicht. Dies ist ein sogenanntes Double Dummy Problem. Sie sehen hier alle vier Hände. Versuchen Sie herauszubekommen, warum es einen Unterschied macht, welche kleine Karte Sie in Pik legen. Wie kann der Alleinspieler erfüllen, wenn Sie die ♠2 legen? Warum fällt er, wenn Sie die ♠7 legen?
Viel Spaß dabei!
Schauen wir uns doch als erstes an, was bei fehlerfreiem Spiel passiert, wenn West die ♠10 spielt:
Klicken Sie immer wieder auf Next und schauen sich das Abspiel bei Abwurf der ♠10 im vierten Stich an. Die 10 weg zu werfen, war wirklich nicht so clever. Das schenkt dem Alleinspieler den 9. Stich. Dieser fehlt ihm, wenn West die ♠3 wegwirft. Trotzdem kann der Alleinspieler auch in diesem Fall erfüllen. Wie das? Haben Sie es rausbekommen?
Ein kleiner Tipp: Natürlich wird der Alleinspieler dann nicht mit der ♠Dame fortsetzen, weil es dann ja keinen Unterschied machen würde, ob West die 7 oder die 3 wegwirft.
Wie kann Süd erfüllen, wenn West die ♠3 spielt?
Dazu gibt es zwei Varianten, die davon abhängen, ob West im fünften Stich die ♦ Dame legt oder nicht. Hier ist erstmal die Variante 1:
Wie kann Süd erfüllen, wenn West die ♠3 spielt?
Dazu gibt es zwei Varianten, die davon abhängen, ob West im fünften Stich die ♦ Dame legt oder nicht. Hier ist erstmal die Variante 2:
Warum fällt Süd, wenn West die ♠7 spielt?
Vielleicht erahnen Sie es schon, wenn Sie die vorherigen Varianten angeschaut haben. Beim Abwurf der ♠7 kann der Alleinspieler das Endspiel nicht schaffen. Insofern würde das Abspiel wie folgt aussehen (Klicken Sie wieder Next, um das Abspiel zu verfolgen):
Double Dummy Analysen können wirklich sehr knifflig sein. Hier war ein sehr schönes Beispiel. An einem realen Tisch wird vermutlich keinem Westspieler auffallen, dass er die ♠7 im vierten Stich wegwerfen muss. An einem realen Tisch wird vermutlich auch keinem Alleinspieler auf Süd auffallen, wie er West nach Abwurf der ♠3 endspielen kann. Trotzdem ist es eine schöne Hand, um die Macht eines Endspiels vorzuführen. Wenn Sie sich zu einem Board die Double Dummy Analyse anschauen und nur sehr schwer nachvollziehen können, wie der Computer auf die prognostizierte Anzahl an Stichen kommt, dann ist fast immer entweder ein Squeeze oder ein Endspiel die Ursache.