Bridge ist wie Ping Pong – nur ohne Körbe
Angeblich stammt von dem bekannten deutschen Philosophen Lukas Podolski der Spruch:
„Fußball ist wie Schach – nur ohne Würfel.“
In Wirklichkeit stammt das Zitat aus einer Podolski Parodie von Jan Böhmermann aus dem Jahre 2006. Wie L. Podolski auf die Parodie reagiert hat, ist nicht bekannt. Grundsätzlich ist es aber sicherlich auch eine Auszeichnung, von Personen wie Jan Böhmermann parodiert zu werden. Mangels Bekanntheitsgrades und Relevanz wird der Autor dieser Zeilen sicherlich niemals von solch bekannten Fernsehgrößen parodiert. Dabei hat der Autor dieser Zeilen das Würzburger Herbstturnier schon viel häufiger gewonnen als L. Podolski. OK, Podolski war Weltmeister, Deutscher Meister und wurde in vier verschiedenen Ländern Pokalsieger. Aber Erfolge im Bridge hat er absolut keine.
Dabei hat Bridge doch sehr viel mehr vorzuweisen als das schnöde Hinterherlaufen hinter einen Ball. Eine schöne Bridgehand ist ein Schlagabtausch zwischen beiden Parteien. Eine schöne Bridgehand ähnelt einem Ping Pong, in der sich die Protagonisten immer wieder gegenseitig vor Probleme stellen. Von einer solchen Partie handelt diese nur scheinbar unscheinbare Hand des Monats Juli:
Die folgende Hand wurde im Online Teamturnier am 02.07.2021 gespielt. An sich sieht sie scheinbar unscheinbar aus. Dennoch gibt es vieles daran zu entdecken. Schauen Sie sich bitte die ersten 4 Stiche an, indem Sie auf Next klicken.
1.) Reizung
Nord-Süd spielen eine 11-14P SA Eröffnung. Natürlich könnte Nord auf die Eröffnung passen. Eine Alternative ist aber, dass Nord Stayman reizt und alles passt, was Süd bietet. Denn was kann da jeweils passieren:
- Wenn Süd darauf 2♦ reizt, dann hat man fast immer einen Fit. Nur wenn Süd ausgerechnet exakt eine 3325 Verteilung hat, muss man im 5-2 Fit spielen. Aber Mann muss ja nicht immer das schlimmste annehmen und Frau auch nicht.
- Wenn Süd 2♥ reizt, spielt man im 4-3 Fit. Wenn in der 1 NT Eröffnung auch 5er OF enthalten sein können, mag es evtl. sogar sein, dass man einen 5-3 Fit hat. Aber selbst ein 4-3 Fit ist kein Beinbruch, wenn man mit der 3er Farbe öfters stechen kann. In Anbetracht der ♣ Kürze bei Nord ist ein solches Szenario nicht unwahrscheinlich.
- Wenn Süd 2♠ bietet, wie im aktuellen Fall, ist das natürlich super.
2.) Verlierer
Im 4-4 Fit kann man sich aussuchen, von welcher Seite man die Verlierer zählt. Einfacher ist es meist, die Verlierer der punktstärkeren Hand zu zählen. Süd hat aufgrund des Trumpfangriffs
- einen Pik-Verlierer
- einen Coeur-Verlierer
- einen Karo-Verlierer
- drei Treff-Verlierer
An sich ist das einer zu viel. Allerdings hat man ja in beiden Unterfarben Potential für weitere Stiche. Es sieht also nicht schlecht aus.
3.) Die ersten Stiche
Diese laufen vier Stiche nicht so optimal ab. Die Trümpfe stehen 4-1. Der Versuch, in Karo Stiche zu entwickeln, wäre ganz gut, wenn West in Karo die 10 und den König oder die Dame hätte. So ist aber auf einmal der Kontrakt in Gefahr. Im vierten Stich hat man auf Süd den ♠ König gespielt, um einen späteren Übergang in die Nordhand zu behalten. Wie sollte man fortsetzen? Klicken Sie weiter auf Next, bis Sie zum sechsten Stich kommen.
Den letzten Trumpf zu ziehen, ist sicher nicht so gut. Danach spielt man mangels Trümpfe quasi Sans Atout. Am Tisch hat die Alleinspielerin deshalb die Coeurs entwickelt. Leider hat Ost das Ass und zieht die letzten Trümpfe. Das war sicherlich etwas, was die Alleinspielerin vermeiden wollte.
4.) Was sind die Alternativen?
Auch wenn der Kontrakt gerade nicht so läuft, wie gedacht, so sollte trotzdem versuchen, den Kontrakt noch bestmöglich nach Hause zu schaukeln. Es gibt jetzt zwei Chancen:
Die erste Möglichkeit sehen Sie, wenn Sie weiter auf Next klicken. Wenn Ost eine ♣ Figur zu dritt hat, kann sich Süd den fehlenden Stich hier entwickeln. Das Manöver funktioniert auch, wenn West ♣ KDx hat. Allerdings hat der Plan einen Haken: Wenn West früher Karo spielt, entwickeln sich Ost-West einen Karostich, bevor die Alleinspielerin auf 8 Stiche kommt. Auch der beste Spielplan ist suboptimal, wenn man als Alleinspiel erst seine Stiche zusammen hat, nachdem die Gegner zu viele Stiche abgezogen haben. Das ist quasi das Bridge-Äquivalent zu „Operation erfolgreich – Patient tot“.
5.) Was ist die Alternative?
Am Tisch hat die Alleinspielerin wie folgt gespielt:
Die Alleinspielerin hat nach dem ♣ Schnitt die eliminiert und ist in ♦ ausgestiegen. Diesen Stich hat West gewonnen und ist endgespielt. Sicherlich hätte West es besser machen können und den ♦ König z.B. im 10. Stich wegschmeißen können. Der Effekt wäre gewesen, dass dann Ost den 11. Stich mit der Dame gewinnt. Solche sogenannten Deblockaden sind sehr schwierig und hätten das Problem im aktuellen Fall auch nicht gelöst. Denn auch Ost ist gezwungen, Treff zu spielen und Süd kann dann einfach im zwölften Stich schneiden.
6.) Gibt es einen besseren Spielplan?
Einen Kontakt wie im aktuellen Fall über ein Endspiel zu erfüllen, ist immer eine nette Sache. Gibt es aber nicht einen besseren, wenn gleich unspektakulären Weg?
Der Fehler war, im 5. Stich Coeur zu spielen und so dem Gegner die Gelegenheit zu geben, die letzten Trümpfe zu ziehen. Das kam auch nicht so unwahrscheinlich. Wenn ein Gegner anfängt, Trümpfe zu ziehen, macht der Gegner meist weiter, sobald die Möglichkeit besteht. Besser ist es, erstmal die Ruhe zu bewahren und auch auf die Deblockade im vierten Stich zu vermeiden.
Wie viele Stiche haben Nord-Süd?
- 3 Stiche in Pik
- in Coeur lassen sich 2 Stiche entwickeln
- je ein Stich in Karo und Treff
Das macht schon mal sieben. Warum nicht einfach in der einen Hand stechen und in der anderen Hand den letzten Trumpf von Ost ziehen. Da man in Coeur nur Übergänge in die Südhand hat, ist es besser ein Treff mit Nord zu stechen als ein Karo mit der Südhand. Das ganze sieht dann wie folgt aus:
7.) Kann der Plan schief gehen?
Wenn West nicht nur ein 5er ♣ hat, sondern den König und die Dame. Dann kann das Abspiel wir folgt ablaufen und die Alleinspielerin gleich zweimal fallen.
Nur: Hätte West mit einer solchen Verteilung West wirklich Trumpf ausgespielt? Wäre es dann nicht viel wahrscheinlicher, dass West Treff angreift?
Ost-West haben es der Alleinspielerin sehr schwer gemacht. Es zeigt sich mal wieder, dass Trumpf Angriffe sehr mächtig sein können. Außerdem war es von Ost sehr geschickt, dass Pik Ass erst in der zweiten Trumpfrunde einzusetzen. Es zeigt sich aber auch, dass scheinbar sichere Kontrakte durchaus knapp werden können. Wenn dies passiert, ist es wichtig, die Nerven zu bewahren, um den Kontrakt auch nach einem ungünstigen Start trotzdem noch gut nach Hause zu bringen