Unsere Erste Mannschaft ist wieder erstklassig
Zweihundert Menschen sitzen konzentriert im Raum und spielen Karten. Es ist kaum ein Geräusch zu hören. Einige Turnierleiter wandern leise durch den Raum und bringen die Boards mit den zu spielenden Verteilungen an die richtigen Tische. Bisweilen werden sie auch nach einer Unstimmigkeit oder einem Regelverstoß an einen Tisch gerufen, wo sie dann als Schiedsrichter fungieren.
Anders ausgedrückt: Es ist wieder Bridge-Bundesliga. 50 Mannschaften aus ganz Deutschland spielen in 5 Ligen zu je 10 Teams (1. Bundesliga, 2. Bundesliga und dreigleisige 3. Liga) um Aufstieg, Abstieg, Meisterschaft und Medaillen.
„Contract Bridge“, meist nur „Bridge“ genannt hat sich in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts aus den Vorläufern „Whist“ und „Auction Bridge“ entwickelt, und wurde schnell zum weltweit verbreitetsten und beliebtesten Kartenspiel. Es ist spieltechnisch deutlich variantenreicher und komplexer als das in Deutschland häufiger gespielte Skat und zudem, neben u.a. Schach und Go, Teil der „World Mind Sports Games“. Auch in Deutschland gibt es eine lebendige Bridgeszene. Der Deutsche Bridgeverband (DBV) hat ca. 25.000 Mitglieder. Davon treffen sich einige 100 an drei Wochenenden im Jahr an einem zentralen Ort, um die Bundesliga-Saison zu spielen. Darunter gibt es ein System von Regional- und Landesligen, in denen sich Teams auf Bezirksebene treffen, um dort um den Auf- und gegen den Abstieg zu kämpfen.
Nun kann man sich natürlich die Frage stellen, wie denn Bridge mit Schach und Go vergleichbar wäre. Beim Schach beginnen beide Spieler mit den gleichen Figuren – wäre dies anders, dann wäre das Spiel meist bald in eine Richtung entschieden. Im Bridge geht es allerdings bei der Verteilung der Grundvoraussetzungen nicht so egalitär zu – wer im Bridge die meisten Asse und Könige hat, wird i.a. mehr Stiche erzielen als seine Gegner, genauso wie der Gewinner des Skatabends oft dadurch gekennzeichnet ist, dass er mehr Buben und Ass als seine Konkurrenten auf der Hand hielt. Die Lösung dieses Problems heißt „Turnierbridge“: Eine Austeilung wird mehrere Male gespielt und die Ergebnisse miteinander verglichen. Wer mit den gegebenen Karten die meisten Punkte erzielen konnte, wird am Ende Turniersieger sein. Mit hohen Karten viele Stiche zu machen reicht zum Sieg nicht aus, wenn alle anderen Spieler mit den gleichen Karten genauso viele, oder gar mehr Stiche machen.
Unsere Erste Mannschaft mit Mike Kammermeier, Joachim Parsch, Klaus Zeitler, Matthias Schüller & Martin Werner (plus Paul Orth)
Die Bundesliga wird als Teamturnier ausgetragen. Hier spielen immer zwei Mannschaften aus vier Spielern gegeneinander, jeweils zwei gegen zwei an einem Tisch. Die Partner eines Teams sitzen sich dabei gegenüber (die Partnerschaft bildet sozusagen eine „Brücke“ über den Tisch). Die Sitzpositionen am Tisch bezeichnet man mit den Himmelsrichtungen, ein Team sitzt also auf „Nord-Süd“, das andere auf „Ost-West“. Am zweiten Tisch wird dies dann vertauscht, so dass jedes Team einmal die Nord-Süd-Karten, und einmal die Ost-West-Karten hält. Nachdem jede Austeilung an beiden Tischen gespielt wurde (in der Bundesliga sind dies 32 pro Match), wird durch den Vergleich der Ergebnisse der Sieger bestimmt.
Diese Variante führt dazu, dass tatsächlich meist nur die besten Teams ganz oben stehen. In der Bundesliga war dies in den letzten Jahren fast immer der Bridgeclub „Bamberger Reiter“, der sich – eine Parallele zu anderen Sportarten – auch mit ausländischen Experten verstärkt hat. Die härtesten Konkurrenten sind die starken Teams aus München und Karlsruhe. Der Bridgeclub „Nürnberg Museum“ ist ebenfalls seit vielen Jahren oben dabei und erreichte dort zweimal die Vizemeisterschaft, sowie einige dritte und vierte Plätze. Zum ganz großen Wurf hat es nicht gereicht und vor zwei Jahren folgte dann sogar ein Abstieg in die 2. Bundesliga. In der durch diverse Covid-Lockdowns auf zwei Jahre gestreckten Saison 2020/21 wurde der Aufstieg knapp verpasst: durch eine Niederlage im letzten Match gegen die Mitabsteiger aus Oldenburg fiel man vom 2. auf den 3. Platz zurück. Da nur die ersten beiden der zweiten Bundesliga aufsteigen, musste man in dieser Spielzeit also einen neuen Anlauf nehmen. Ebenfalls vor Ort war unsere zweite Mannschaft, die zwar vor zwei Jahren aus der 3. Bundesliga in die Regionalliga abstieg, letzte Saison den direkten Wiederaufstieg schaffte.
Unsere zweite Mannschaft mit Milan Schirowski, Michael Thomsen, Bianca & Ulf Bormann (plus Christine Kraus)
Da die eigentlich geplanten Frühjahrstermine aufgrund der Corona-Lage nach hinten verschoben werden mussten, fand das letzte Wochenende der Saison 2022 nun am 10./11. September im H+ Hotel in Bad Soden statt. Nürnberg-Museum 1 führte nach 6 von 9 Matches die Tabelle der 2. Bundesliga an, hatte aber mit den Bundesliga-Absteigern Burghausen und Mannheim, sowie mit dem Bridgeclub Essen nominell ein schweres Restprogramm.
Der Samstagnachmittag brachte das Spitzenspiel der 2. Liga: Tabellenführer Nürnberg spielte gegen das zweitplazierte Team, die Aufstiegsfavoriten aus Mannheim. Nürnberg begann gut, und führte zur Halbzeit. Auch die zweite Halbzeit entschieden die Nürnberger knapp für sich, so dass letztlich ein 15:5-Sieg zu Buche stand. Im Bridge werden die Gewinne und Verluste, die in den einzelnen Austeilungen zu verbuchen sind, aufaddiert und am Ende in „Siegpunkte“ umgewandelt, von denen jeweils 20 in einem Match zu vergeben sind. Ein sehr hoher Sieg würde ein 20:0 ergeben, ein Unentschieden ein 10:10. Die 15 Siegpunkte gegen Mannheim waren für Nürnberg ein sehr wichtiger Schritt in Richtung Aufstieg.
Der Zwischenstand nach Runde 7 sah – aus Nürnberger Sicht – sehr gut aus:
1. Nürnberg 106
2. Darmstadt 94
3. Mannheim 93
4. Aachen 81
5. Essen 61
Danach ging es gegen Burghausen, die zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlagen auf dem letzten Platz standen. Das Burghausener Erstliga-Team – mit einigen „Legionären“ besetzt – war nach dem Aufstieg zerfallen, die neue Mannschaft tat sich in der 2. Bundesliga sehr schwer. Nürnberg führte bereits zur Halbzeit hoch, die 2. Halbzeit am Sonntagmorgen war dann ein komplettes Debakel für die Burghausener – ein Ergebnis, das im Fußball etwa einem 8:0 in einer Halbzeit entspräche. Insgesamt endete das Match 20:0 für Nürnberg. Da Mannheim nur sehr knapp gewinnen konnte und Darmstadt sich sogar eine Niederlage leistete, baute Nürnberg seinen Vorsprung weiter aus:
1. Nürnberg 126
2. Mannheim 104
3. Darmstadt 102
4. Aachen 97
Da pro Match nur 20 Siegpunkte zu vergeben sind, war schon vor der letzten Runde klar, dass die Nürnberger nach zwei Jahren in der 2. Liga nächste Saison wieder in der höchsten Spielklasse vertreten sein werden. Um den zweiten Aufstiegsplatz stritten sich Mannheim, Darmstadt und die Aachener, die mit einem hohen Sieg nochmal herangekommen waren. Mannheim hatte dabei das „leichteste“ Spiel gegen die bereits abgestiegenen Burghausener. Für Bridge gilt dabei aber das Gleiche wie für alle anderen Sportarten: Auch „leichte“ Gegner müssen erst geschlagen werden. Mannheim gewann „nur“ 11:9 und ließ damit die Tür zum Aufstieg für Darmstadt und Aachen offen. Die konnten davon allerdings nicht profitieren, Darmstadt verpasste mit einem 12:8 gegen Berlin nur hauchdünn den 2. Platz. Derweil gewann Nürnberg auch das letzte Match gegen Essen mit 12:8, was zur folgenden Abschlusstabelle führte:
1. Nürnberg 138
2. Mannheim 115
3. Darmstadt 114
4. Aachen 103
In der ersten Liga hieß es „The same procedure as every year“ – die Serienmeister aus Bamberg holten erneut den Titel, mit Abstand vor Karlsruhe und Köln-Lindenthal. Auch für die 2. Mannschaft von Nürnberg-Museum endete das Wochenende erfolgreich. Schon vor der letzten Runde hatte man erfolgreich den Klassenerhalt in der 3. Liga geschafft, so dass auch nächstes Jahr wieder zwei Nürnberger Bridge-Teams zu den Bundesliga-Wochenenden reisen dürfen.
Der Serienmeister aus Bamberg mit Rafal Jagniewski, Daniela von Arnim, Michael Gromöller (NPC), Helmut Häusler & Wojciech Gawel (plus Jörg Fritsche & Klaus Reps)