Hand des Monats 2021-09: Das Glück ist mit den Tüchtigen

In dem Volksmund heißt es häufig, das Glück sei mit den Dummen. Manchmal denkt man das am Bridgetisch auch. Die Gegner haben immer Glück, und man selbst hat nur Pech…

Mein Rekord für die Anzahl der Figurenpunkten, mit denen die Gegner erfolgreich im Teilkontrakt stehengeblieben sind, war 29. Mit dem Kommentar „ich habe ein bisschen gemauert“ wurde halt nur eingeladen. Neben einem Ass konnten wir nur noch Ass, Dame und 10 von Trumpf erzielen, für -140.

Unvergessen ist auch die Situation, bei dem der Turnierleiter eines großen Paarturniers mir vor der letzten Runde (illegal!) mitgeteilt hat, wir wären in Führung. In der letzten Runde spielten wir gegen zwei Spielerinnen, die gerade ihr erstes Turnier spielten. Nach 3x Passe wollte die Spielerin in 4. Hand lieber vorsichtig durchpassen (als einzige im Saal!) Damit hatten sie dann auch als einige im Saal auf dem Board keinen negativen Score…

Aber auf lange Sicht ist auch beim Bridge das Glück mit den Tüchtigen.

Board 9 aus ein rezentes BBO Teamturnier war ein typisches Beispiel, wo Sie Ihr Glück in die eigenen Hand nehmen können (aus Darstellungsgründen um 90 Grad gedreht):

Sehen Sie das Ausspiel, in dem Sie auf „Next“ drücken.

Wie stehen Ihre Chancen?

Mit 4 Pikstichen und zweimal AK haben wir schon mal 8 der benötigten 9 Stichen. Sonst gibt es einen Impass in Coeur. An beiden Tischen  wurde dann auch gleich der Coeur Impass gemacht, der dann auch prompt nicht erfolgreich war. So ein Pech aber auch…

Was ist die Gefahr, wenn Ost mit Coeur Dame gewinnt?

In Karo ist der Stopper nicht so toll. Immerhin ist es nicht rausgekommen, aber wenn Ost jetzt Karo spielt zur 10 und Figur, dann West wieder Karo zurück zu Ost und der wieder Karo, könnten wir vier Karostiche verlieren.

Schöner wäre es gewesen, wenn West Karo spielt. Nach Karo zum Figur von Ost, dann zur 10 und eine weitere Figur, ist West am Stich und würde mit einem weiteren Karospiel uns den 9. Stich schenken.

Also sollte der Coeur Impass besser sitzen? Das hört sich nicht so toll an.

Stimmt! Aber meinte nicht schon der Schachgroßmeister Emmanuel Lasker: „Wenn du einen guten Zug siehst, suche einen besseren“?

Wir haben jetzt ermittelt, dass Ost in Bezug auf Karo die gefährliche Hand ist. Deshalb sollten wir eine Chance suchen, bei der zur Not West am Stich kommt, aber nicht Ost.

Vielleicht hilft uns ja die EVI-Regel…

Ja, diese Hand ist ein typisches Beispiel. Neben dem Impass im Coeur (I) gibt es noch Verteilungschancen in Treff (V). Nach der EVI-Regel sollten wir also zuerst Treff spielen.

Und, sind die Chancen schon besser?

Tatsächlich ist der Kontrakt ganz gut, wenn Sie zuerst die Chancen in Treff nützen. Wenn Sie Treff zur 9 spielen, erzielen Sie einen dritten Treffstich wenn:

* Ost beide Figuren hat, ODER

* Treff 3-3 steht, ODER

* Ost Dx oder Bx hat.

Wie können Sie also die Chancen maximieren?

Gewinnen Sie Pik Bube in der Hand und spielen Sie sofort auch Pik Dame und Pik König. Eine Falle dabei: Es ist verführerisch sofort in Stich 2 Coeur Bube zu spielen, ohne vorzuhaben, zu schneiden. Das ist zwar psychologisch sehr gut, so mancher West hat dann die Dame gelegt. Allerdings wenn es nicht erfolgreich ist und West gewinnt in Treff, kann er Coeur spielen und die Entscheidung in Coeur erzwingen.
Also doch lieber mit Pik zum Tisch und dann Treff zur 9. Süd darf gewinnen aber kann kein Karo spielen, ohne den 9. Stich zu etablieren.
Die richtige Spielweise im Überblick:
Was kann man daraus lernen aus Gegenspiel-Sicht?
Im aktuellen Fall hat Ost DBxx in Treff, und muss praktisch die Figuren splitten, um den Alleinspieler ein bisschen arbeiten zu lassen. Allerdings sollte Ost auch eine Figur legen, wenn er nur eine Figur Double oder zu Dritt hat. Denn wenn der Alleinspieler zur 9 spielen kann und West gewinnt, kann der Alleinspieler nachher nochmal schneiden. Wenn Ost aber seine Figur legt, der Alleinspieler gewinnt, mit Coeur wieder zum Tisch geht und jetzt schneidet, gewinnt West und tötet den Tisch: